Selbstverteidigungskurse bedenken eine neue Herausforderung für den Rehabilitationssport.
Rehabilitationssport gehört zu einer wichtigen ergänzenden Leistung in der medizinischen und beruflichen Rehabilitation behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen. Zu den Rehabilitationssportarten zählen Gymnastik, Leichtathletik, Schwimmen sowie Bewegungsspiele in Gruppen. Zusätzlich gibt es eine ganze Reihe von Angeboten im Breitensport des Behindertensports.
Mit der Einführung des Neunten Buch des Sozialgestzbuchs (SGB IX) im Jahr 2001 wurden speziell
für behinderte und von Behinderung bedrohte Frauen und Mädchen Übungen zur Stärkung des Selbstbewusstseins im Rahmen des Rehabilitationssports eingeführt (im § 44, Abs. 1 Nr. 3).
Wie kam es zu diesen speziellen Übungen für behinderte Frauen und Mädchen? Behinderte Frauen und Mädchen sind in hohem Maße von (sexualisierter) Gewalt betroffen. Studien zufolge haben mehr als 60% der behinderten Frauen, die in Einrichtungen leben, sexualisierte Gewalt erfahren. Diese hat verschiedene Ursachen.
Abhängigkeitsverhältnisse z.B. durch die Notwendigkeit einer körperlichen Pflege verstärken das Machtgefälle zwischen Pfleger/Pflegerin und der behinderten Frau und begünstigen so das Entstehen von Gewalt. Zudem haben viele Frauen mit Behinderung durch häufige Klinikaufenthalte und körperliche Therapien nie gelernt, ihre Grenzen zu bewahren, nach dem Motto: „An mir darf jede und jeder herumfummeln: der Arzt, der Pfleger, die Krankenschwester, der Therapeut.“
Viele Frauen, gerade auch in Einrichtungen, aber auch gehörlose Frauen, haben nur ungenügende
Kenntnisse über Sexualität. Ihnen sind oftmals die Grenzen zwischen z.B. Pflege und Übergriffen bis hin zu Gewalt nicht deutlich. Aus Unsicherheit wehren sie sich nicht.
Doch jede Frau kann sich wehren! Aus dieser Erkenntnis heraus haben behinderte Frauen gemeinsam mit Trainerinnen spezielle Selbstbehauptungs- und Selbstverteidigungskurse als Gewaltprävention für behinderte Frauen und Mädchen entwickelt. In diesen Kursen lernen die Teilnehmerinnen in speziell für ihre Beeinträchtigung angepassten Übungseinheiten, ihre Grenzen zu erkennen und zu wahren.
Martina Puschke*